Die tiefe Hocke ist eine natürliche Ruheposition unseres Körpers. In vielen Kulturen sitzt man in der tiefen Hocke beim Essen, ums Lagerfeuer oder wartet auf den Bus. Kinder nutzen sie täglich, um zu spielen und Sachen aufzuheben und das in einer beneidenswerten Leichtigkeit.
Durch das viele Sitzen auf Stühlen, Bewegungsmangel und modernem Schuhwerk haben viele allerdings verlernt, in diese Position zu gehen.
In diesem Artikel möchte ich dir zeigen, warum auch du täglich die tiefe Hocke üben solltest.

Warum solltest du täglich „hocken“
Die tiefe Hocke ist ein Segen für unsere Gelenke. Stell dir deine Gelenke wie einen Schwamm vor, den du auspressen willst, um diesen vollständig von alten, schmutzigen Wasser zu befreien. Dazu musst du sie komplett beugen. Erst dann können sie sich wieder mit neuen nährstoffreichen Wasser „vollsaugen“. Nun stell dir die Frage, wann du dies im Alltag im Sprunggelenk, Knie und Hüfte machst? Bei den meisten ist die Antwort: nie. Hier kommt die tiefe Hocke ins Spiel. Denn in dieser Position passiert genau das in den Gelenken. Weiters wird dein unterer Rücken gedehnt und somit Muskulatur und Faszien entspannt.
Einige Vorteile der tiefen Hocke sind:
- Verbesserung der Mobilität im unteren Rücken, Hüfte, Knie und Sprunggelenke
- Durchblutung der Gelenke wird erhöht
- Hämorrhoiden- und Inkontinenzprophylaxe
- bessere Verdauung und Darmgesundheit
- deine Technik bei Kniebeugen verbessert sich
- uvm

Abgedrückte Blutgefäße während der tiefen Hocke
Anfangs wird dir die tiefe Hocke sehr schwerfallen. Vor allem, wenn du länger als 60 Sekunden in dieser Position bleiben willst. Ein Grund dafür, neben der verspannten Muskulatur und den „steifen“ Gelenken, kann eine verminderte Blutzufuhr sein. Wenn diese Verminderung der Blutzufuhr öfters und immer länger vonstattengeht, reagiert unser Körper ganz natürlich darauf. Er bildet vermehrt Seiten- und Nebenäste der Blutbahnen, die das Gebiet versorgen. Diese Äste nennt man in der Medizin Kollateralen. Sobald diese ausreichend gebildet wurden, werden deine Gelenke und Strukturen auch in der tiefen Hocke ausreichend mit sauerstoffreichem Blut versorgt.
Los geht´s
Wichtig ist, dass du die ganze Sache langsam angehst. Deine Gelenke, Muskulatur und Faszien müssen sich erst wieder an die natürliche Haltung anpassen. Wie du oben erfahren hast, muss dein Körper auch erst wieder neue Blutgefäße bilden.
Gewöhne deine Gelenke langsam an das maximale Beugen. Dies machst du am besten in Bauchlage, wie auf diesem Bild zu sehen. Dadurch sind deine Gelenke noch nicht so extrem großen Druck ausgesetzt. Dies sollte schmerzfrei mehrere Minuten möglich sein, bevor du dich weiter an das tiefe Hocken machst.
Nun kannst du mit der tiefen Hocke beginnen. Ich würde dir raten, anfangs in kleinen Dosen a´30 Sekunden mehrmals über den Tag verteilt zu beginnen.
Hier noch ein paar Tipps für dich:
- erhöhe deine Sprunggelenke mit einem Buch oder sonstigen Hilfsmittel
- lehne dich mit deinem Rücken an eine Wand
- halte dich mit den Händen an einem Tisch fest, um nicht nach hinten zu fallen
- nutze einen Yogasitz*

Die perfekte Hocke
– Kopf befindet sich in einer neutralen Position
– Schultern sind entspannt
– Rücken ist gerade
– Becken ist unter den Knien
– Füße sind ca. Schulterbreit
– Gewicht ist hauptsächlich auf den Fersen und diese sind am Boden
Wie kannst du die tiefe Hocke in dein Leben integrieren
Das Ziel lautet, täglich 30 Minuten in die tiefe Hocke zu gehen. Anfangs ist dies sicher nicht am Stück möglich. Daher probiere, so oft wie möglich die Position einzunehmen. Hier sind ein paar Ideen für dich:
- Zähne putzen
- Waschmaschine ein- und ausräumen
- Telefonieren
- Lesen
- Frühstücken
- Spielen mit deinen Kindern
- Laptop auf den Boden oder kleinen Tisch
Tipp
Beim „großen Geschäft“ am stillen Örtchen solltest du dich ebenfalls in eine Hockposition begeben. Bei einer Studie wurde festgestellt, dass die Darmentleerung in der tiefen Hocke gegenüber dem normalen Toilettensitz vollständiger und leichter ist. Dies lässt sich auf den Puborektalmuskel zurückführen, der einen Knick bildet, wenn wir nicht in der tiefen Hocke sind. Dadurch wird eine plötzliche Darmentleerung verhindert. Allerdings erschwert er dadurch auch die Darmentleerung auf einem normalen Toilettensitz. Ein Diagramm dazu findest du hier.
Als Hilfe kannst du spezielle Toilettenhocker* verwenden.
Für Fortgeschrittene
Wenn dir die tiefe Hocke schon leicht fällt und du 30 Minuten am Stück in der Position verweilen kannst, hab ich noch eine weitere Herausforderung für dich. In diesem Video zeigt der Movementcoach Ido Portal eine Squatroutine, mit der du deine Gelenke noch besser trainieren und deine tiefe Hocke verbessern kannst. Viel Spaß beim Ausprobieren 🙂
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Michael ist Physiotherapeut und Chiropraktiker. Durch die Betreuung unzähliger Patienten in seiner Praxis konnte er bisher viel Erfahrung sammeln, die er nun auch online weitergeben kann.
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